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11.12.2023

"Kein weiter so"

Flüchtlingssituation war Hauptthema in der Bürgermeisterrunde

Die jüngste Kreisversammlung des Gemeindetags Baden-Württemberg fand am 6. Dezember in Waghäusel statt.

Erstmals auf die Tagesordnung hatte Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki (Oberderdingen) den neu gegründeten Klimaschutzverein genommen. In ihm haben sich alle 32 Städte und Gemeinden und der Landkreis Karlsruhe zusammengeschlossen, um das Klimaschutzziel eines CO2-neutralen Landkreises bis 2035 zu erreichen. Der Hambrückener Bürgermeister Dr. Marc Wagner informierte als Vereinsvorsitzender über den aktuellen Stand und die erste Mitgliederversammlung.

Ein Dauerbrenner war dagegen die Flüchtlingssituation. Die Leiterin des Amtes für Integration im Landratsamt Karlsruhe Kathrin Haas trug vor, dass sich die Geflüchtetenzahlen nun schon das zweite Jahr in Folge auf sehr hohem Niveau bewegen. Allein aus der Ukraine kamen in diesem Jahr 1.200 Menschen in den Landkreis, womit aktuell rund 5.750 Menschen gemeldet sind. Parallel dazu sind die Ankunftszahlen aus anderen Herkunftsländern stark angestiegen und haben sich im Vergleich zum Vorjahr teilweise verdoppelt. Rund 1.100 Personen mussten hier in diesem Jahr bereits aufgenommen werden. 13 Gemeinschaftsunterkünfte mit 1.650 Plätzen hat der Landkreis in Betrieb, weitere Standorte mit 450 Plätzen sind aktuell in Planung. 1.246 Personen wurden in diesem Jahr bereits von den Landkreisunterkünften in die Anschlussunterbringung in die Städte und Gemeinden verlegt. Im nächsten Jahr müssen die Gemeinden bei Fortdauer des Ukrainekrieges weiter mit Geflüchteten in unverminderter Zahl sowie rund 400 Geflüchteten aus sonstigen Nationen rechnen. Für 2025 ist bereits absehbar, dass zusätzlich zu den Geflüchteten aus der Ukraine 1.000 Personen in die Anschlussunterbringung gehen werden. Deshalb wurden die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dazu angehalten, sich auf diese Größenordnungen einzustellen. Besondere Anforderungen stellen kranke und behinderte Geflüchtete, z.B. Bettlägerige, Chemo- oder Dialysepatienten. Als größte Herausforderungen neben der Bereitstellung von Wohnraum bezeichnete die Amtsleiterin den Spracherwerb als grundlegende Integrationsvoraussetzung. Da die Kurse allesamt ausgebucht sind, bestehen allerdings Wartezeiten von über einem Jahr. Angesichts der knappen Lehrkräfte bereitet auch die Bereitstellung von Schulplätzen und speziellen Vorbereitungsklassen für die Kinder und Jugendlichen zunehmend Schwierigkeiten. Ebenso sind die Ausländerbehörden völlig überlastet, was zu langen Bearbeitungszeiten führt. Die steigenden Zahlen von Geflüchteten führen auch zu einer Zunahme der Leistungsempfänger beim Jobcenter. 4.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine erhalten Bürgergeld, darunter 1.500 Jugendliche. Bisher gehen nur 500 Personen einer Beschäftigung nach. „Integration kann gelingen, aber es braucht Zeit“, so das Fazit der Amtsleiterin. Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki berichtete aus seinen Erfahrungen im Landesvorstand des Gemeindetags und wies darauf hin, dass die Unterbringung im Landkreis Karlsruhe noch vergleichsweise gut funktioniert, was er auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Landratsamt und den Städten und Gemeinden zurückführt. Gleichwohl müsse man im Sinne des mit der Überschrift „Kein weiter so“ übertitelten Gemeindetag-Strategiepapiers permanent auf die höhere politische Ebene einwirken, um klarzumachen, dass die momentane Situation in den Kommunen nicht dauerhaft bewältigt werden kann.

Mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern reflektiert wurden auch die Vereinbarungen der Kommunen mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises zur Abfallberatung und zu den Wertstoff- und Grünabfallsammelplätzen. Betriebsleiterin Carol Eva Adam stellte die vereinbarten Inhalte dem Status Quo gegenüber und schlug vor, die Vereinbarungen behutsam weiterzuentwickeln. Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki stellte dabei klar die Sicht des Kunden in den Mittelpunkt. Deshalb komme beispielsweise der Abfallberatung in den Rathäusern eine wichtige Rolle zu. Er freute sich auf die Beratungen im Betriebsausschuss bzw. im Kreistag und kündigte an, dass die Bürgermeisterrunde Vorschläge machen werde. Auf jeden Fall sollten auch die künftigen Regelungen im Hinblick auf die zunehmende Bürokratisierung möglichst pauschal und nachvollziehbar sein, so der Tenor aus der Bürgermeisterrunde.

Weiteres Thema waren die zahlreichen Verkehrssicherungspflichten der Städte und Gemeinden. Gefahrenquellen in der Verantwortung der Kommunen müssen identifiziert und Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht zu einem Schaden kommt. Auf öffentlichen Wegen soll niemand ausrutschen, in einem Gewässer niemand ertrinken oder in einer Sporthalle sich niemand verletzen, um nur wenige Beispiele zu nennen. Es braucht nicht nur gute Kenntnisse, sondern auch viel Erfahrung, um sagen zu können, was getan werden muss und welche Schutzmaßnahmen verzichtbar sind. Abteilungsdirektor Günther Fröhlich vom Badischen Gemeindeversicherungsverband wies in diesem Zusammenhang auf die Herausforderung der Personalwechsel in den Verwaltungen sowie den Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand und den damit verbundenen Wegfall von Erfahrungen hin.