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29.09.2023

Die Hütte brennt Flüchtlingssituation und Politikverdrossenheit waren Thema in der Bürgermeisterrunde

Zur Herbst-Kreisversammlung des Gemeindetags Baden-Württemberg hatte Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki (Oberderdingen) die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis Karlsruhe am 27. September nach Bad Schönborn geladen. Und erneut stand die Flüchtlingssituation an erster Stelle der Tagesordnung.

Die Leiterin des Amtes für Integration im Landratsamt Karlsruhe Kathrin Haas trug die aktuellen Zahlen vor: So ist die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in den Landkreis kommen, weiter gestiegen. Etwa 100 Personen kommen monatlich, wobei es aber auch Abgänge gibt. Über 5.550 Menschen sind aktuell in den Städten und Gemeinden gemeldet - mit weiter steigender Tendenz. Ganz deutlich erhöht haben sich die Zugangszahlen aus anderen Ländern: sie haben sich im Vergleich zum Vorjahr glatt verdoppelt, im September werden es im Landkreis 155 sein. Mit bis zu 300 pro Monat muss im Hinblick auf die Zugangszahlen in das Land Baden-Württemberg, im aktuellen Monat sind das rund 7.000, gerechnet werden. Die Asylbewerber werden zunächst vorläufig in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises untergebracht und nach spätestens zwei Jahren dann in die Anschlussunterbringung in die Kommunen. „Der wesentliche Unterschied zu 2015/16 sind die Ukraineflüchtlinge“, so Erster Landesbeamter Knut Bühler, „auch wenn 60% privat untergebracht sind, sind diese „da“ und müssen wie die anderen Geflüchteten auch verwaltet und betreut werden.“ Dies werde gerne vergessen. Kreisvorsitzender Thomas Nowitzki begrüßte die Anstrengungen der Landkreisverwaltung zur Schaffung von Platzkapazitäten und sah es als positiv, dass Menschen im Landkreis Karlsruhe derzeit noch nicht in Hallen oder Zelten untergebracht werden müssen wie andernorts. Dennoch müsse man der Situation entschieden gegensteuern, zumal viele Integrationsleistungen überhaupt nicht mehr erbracht werden können. Er verwies auf das aktuelle Papier des Gemeindetags Baden-Württemberg, das auflistet, was von der Bundes- und Landespolitik verlangt wird und appellierte an die Bürgermeisterrunde, die Thematik und Zahlen in den Gemeinderäten zu beraten um sich deutlich zu positionieren. “Die Hütte brennt!“ - fasste Nowitzki die momentane Situation zusammen.

Ebenfalls das Potenzial für Politik- und Verwaltungsverdrossenheit hat eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Paragraph 13b des Baugesetzbuches nicht EU-konform ist und damit nicht angewendet werden kann. Er sollte im Hinblick auf die Knappheit an Wohnraum Wohnnutzungen auf Flächen begründen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Das Gericht rügte, dass es an einer Umweltprüfung fehlte, die aber im Hinblick auf die möglichen schutzwürdigen Außenbereichsflächen notwendig sei. Folge des Urteils ist, dass keine neuen Bebauungspläne nach dieser Vorschrift mehr aufgestellt werden dürfen und einzelne Bauvorhaben in solchen Gebieten möglicherweise nicht mehr zulässig sind. Für Kreisvorsitzenden Bürgermeister Thomas Nowitzki ist diese Entscheidung für Bürgerinnen und Bürger die bereits Bauplätze erworben haben eine “Katastrophe“, weshalb er an die Kreisverwaltung appellierte, die entsprechenden Prüfungen im Sinne des Vertrauensschutzes der Grundstückseigentümer bzw. Bauwilligen vorzunehmen. Kreisvorsitzender Thomas Nowitzki zeigte auch die vielschichtigen Zielkonflikte auf, die im Hinblick auf die nicht vermehrbaren Grundstücks- bzw. Gemarkungsflächen. Bedürfnisse für Wohnen und Gewerbe, Verkehr, Landwirtschaft, Forst, Windkraft und erneuerbare Energien gelte es unter einen Hut zu bekommen, ohne die notwendige Siedlungsentwicklung zum Stillstand zu bringen.